Gemeinde Miehlen
DDDie Perle im Rhein-Lahn- Kreis


Der Schinderhannes

Johannes Bückler, frz. Jean Buckler, genannt Schinnerhannes oder Schinderhannes (* vermutlich Herbst 1779 in Miehlen, † 21. November 1803 in Mainz), war ein Räuber aus dem Taunus, dem mindestens 211 Straftaten, zumeist Diebstähle, Erpressungen und Raubüberfälle, aber auch Raubmord und Mord nachgewiesen werden konnten. Die Gesamtzahl seiner Mittäter betrug 94.

Der Name Schinderhannes verweist auf die Tätigkeit des jungen Bückler, der bei zwei Abdeckern, die mancherorts auch Schinder genannt werden, als Lehrjunge gearbeitet und dort den Rufnamen erhalten hatte; so seine Aussage im späteren Ermittlungsverfahren 1802/03. Auch seine Vorfahren väterlicherseits waren seit Generationen Schinder gewesen.

Sein Geburtshaus dient heute der Gemeinde Miehlen als Bücherei, dort warten Bücher für Groß und Klein darauf gelesen zu werden sowie weitere spannende Informationen zu Miehlens bekanntestem Sohn: Schinderhannes



Das kurze wilde Leben des Schinderhannes

von Manfred E. Sprenger

Am 21. November 1803, einem Herbsttag, wurde der berüchtigte Rauberhauptmann Schinderhannes, mit bürgerlichem Namen Hannes Bückler als erster von zwanzig Männern auf der Guillotine im Mainz hingerichtet. Tausende waren nach Mainz gekommen um das Spektabel anzusehen. In unzähligen Liedern, Balladen, Schauspielen, Büchern, Filmen und Dokumentationen ist die Person Schinderhannes dagestellt worden. Ein Mythos der zeitweise zum Freiheitskämpfer gegen die französische Besatzungsmacht stilisiert oder zum Judenhasser gemacht wurde, gerade so wie es in das politische Zeitgeschehen passte. Als Frauenheld, Lebemann und als Verbrecher ging er in die Geschichte ein, der das Zentrum seines räuberischen Handels auf den Hünsrück gelegt hatte. Die politschen Verhältnisse und die familiären Umstände in seiner Jugend, heute würde man sagen, er hatte eine schlimme Kindheit, trugen dazu bei, das er das wurde was er eigentlich war: ein Dieb und Mörder.

 Die Miehlener Mutter des Schinderhannes hatte ihren Mann Johannes Bickler (wurde auch „Bückler“ geschrieben) kennengelernt, als dieser bei dem Nastätter Abdecker Johannes Busch als Schinderknecht beschäftigt war. Busch hatte seit dem Jahre 1770 die Abdeckerei Miehlen gepachtet, so dass sein Schinderknecht Johannes Bickler auch in Miehlen als Abdecker arbeitete. Die Eheschließung fand am 25.7.1777 in Miehlen statt. Der Bräutigam war erst 19 Jahre alt während die Braut bereits das 22. Lebensjahr vollendet hatte). Nach der Heirat ließ sich Johann Bickler in Miehlen als Abdecker nieder und betrieb eine kleine Landwirtschaft.

Das erste Kind wurde den Eheleuten Bickler bereits im Oktober 1777 — also nur drei Monate nach der Hochzeit in Miehlen geboren. Es war ein Junge, der am 24.10.1777 auf den Namen Friedrich Philipp getauft wurde. Am 25.5.1783 schenkte Mutter Bickler in Miehlen einem zweiten Sohn das Leben, dem die Eltern die Vornamen Johann Wilhelm gaben. Wer von den beiden Brüdern der spätere Räuberhauptmann wurde, blieb lange unklar, heute gilt es als erwiesen, dass der ältere der beiden der Schinderhannes war obwohl es nach dem Taufnamen Johann der jüngere sein müsste.

Der Schinderhannes machte nach seiner Festnahme bei den gerichtlichen Vernehmungen in Mainz Angaben über sein Alter, die zwischen 22 und 24 Jahren schwankten. Er wußte also nicht genau wie alt er war, was auch bei den meisten seiner Gefährten der Fall war.

1803 gab der Schinderhannes in Mainz folgendes zu Protokoll gab: „Ich hatte noch nicht vier Jahre, als mein Vater diesen Ort (Miehlen) verließ, um nach Polen auszuwandern.....“ Der Wegzug der Familie Bückler von Miehlen war wahrscheinlich eine Art Flucht, weil die Mutter Bückler wegen eines Leinwanddiebstahls schwere Bestrafung zu erwarten hatte, zumal sie vorbestraft war wegen „Holzfrevel (Brennholzdiebstahl) in der Hirzeck“.

Die Fahrt ging gen Osten, da Vater Bückler in Polen Siedler werden wollte. Die Familie kam aber nur bis Olmütz (in der heutigen Tschechei), wo sich Vater Bückler am 11.6.1784 für sechs Jahre als Soldat anwerben ließ. Ein Soldat mußte damals nicht unbedingt seine Familie verlassen, diese zogen im Troß hinter der Truppe her. Es ist anzunehmen, dass auch die Familie des Soldaten Bückler dieses Wanderleben mitmachte, bei dem es nicht immer gesittet und ehrlich zuging.

Am 21.8.1787 desertierte Vater Bückler aus dem österreichisch-kaiserlichen Regiment Hildburghausen. Wie und wohin ihm seine Familie folgte, schilderte sein Sohn Hannes später vor dem „Spezialgericht“ (Sondergericht) in Mainz wie folgt: „Als ich das neunte Jahr erreicht hatte, desertierte mein Vater; meine Mutter und ich folgten ihm auf die preußischen Gränzen, wo wir ihn wiederfanden.“ Die Familie Bückler zog nach der Desertion von Vater Bückler zunächst in dessen Heimatort Merzweiler auf den Hunsrück.

Truppendurchmärsche, Requirierungen, Einquartie-rungen und Inflation hatten während der beiden Koalitionskriege (1792-97 und 1799-1802) in den linksrheinischen Gebieten zu einer allgemeinen Verarmung der Bevölkerung geführt und bildeten den Nährboden für das Räuberunwesen dieser Zeit.

Beim Wasenmeister Matthias Nagel in Bärenbach bei Kirn ging Hanns in die Lehre, wo er einige Rinderfelle stahl. Dies war seine erste amtlich dokumentierte Strafhandlung. Meister Nagel erkannte ihn eines Tages auf dem Markt in Kirn und ließ ihn festnehmen. Hannes wurde zu 25 Stockschlägen auf dem Marktplatz verurteilt. Der Schinderknecht Johann Nagel aus Mörschied-Weiden verführte ihn zu Betrügereien und kleineren Diebstählen. Hannes.stahl den Franzosen Brot und Fleisch und verkaufte es an die notleidende Bevölkerung. Wegen mehrerer Hammeldiebstähle, wurde Hannes wieder im Rathaus von Kirn eingesperrt, wo er aber über das Dach des Rathauses fliehen konnte.

Nun war Hannes ein entflohener Dieb, dem der Rückweg in die menschliche Gesellschaft versperrt blieb. Er hielt sich fortan in Köhlerhütten, Mühlen und einsamen Gehöften verborgen.

Tuchdiebstahl in Birkenfeld, Pferdediebstahl in Lauterecken sind nur einige Beispiel seiner Räuber-karriere. Hannes wurde am 26.2.1799 bei einer Razzia in Schneppenbach verhaftet und wieder dem zuständigen Richter in Kirn zugeführt. Da er zahlreiche Verbrechen gestand, wurde er im Turm zu Simmem festgesetzt, der als ausbruchsicher galt. Hannes brach nach sechs Monaten (genau am 20.8.1799) auch hier aus, erlitt aber beim Sprung in den Stadtgraben einen Wadenbeinbruch. Diese Zwangspause nutzte Hannes, um eine eigene Bande an zu werben. Da er wegen seiner verschiedenen Gefängnisausbrüche in Verbrecherkreisen schon ein gewisses Ansehen erlangt hatte, fanden sich schnell einige Kriminelle in seiner Gesellschaft mit denen er auf Raubzüge ging.

Wenn ihm der Boden auf dem Hunsrück zu heiß geworden war, tauchte Hannes rechtsrheinisch unter, was er später noch mehrmals machte. Um zu Geld zu kommen, betätigte er sich als Hausierer unter dem Namen Jakob Ofenloch und verkaufte Kurzwaren, die aus Diebstählen und Überfällen stammten.

Im April 1800 lernte der Schinderhannes auf dem Wickenhof bei Kirn Juliane Bläsius kennen, die hier mit Vater und Schwester als Geigerin Musik machte. Sie wurde seine Gefährtin und gebar noch in der Haftzeit in Mainz einen gemeinsamen Sohn.

Den Namen Johannes durch den Wald, benutze der Schinderhannes wenn er Erpresserbriefe und Sicherheitskarten unterschrieb.

Der Schinderhannes glaubte sich wieder einmal auf der rechten Rheinseite in Sicherheit, und ließ sich von einem preußischen Werbekommando als Soldat anwerben. Hierzu kam es aber nicht, da ihn ein Mitrekrut mit Namen Joh. Adam Zerfas, der den Schinderhannes kannte, an den Werbeoffizier verriet. Der Schinderhannes wurde zusammen mit Julchen, Christian Reinhard und dessen Frau nach Frankfurt überführt, wo er sich am 14.6.1802 bei seiner Vernehmung durch die Vertreter der Stadtverwaltung zu erkennen gab und die Behörden bat, ihn nicht an die Franzosen auszuliefem, was diese trotzdem beschlossen.

Die Franzosen holten ihn am 16.6.1802 nach Mainz, wo er vor ein Spezialgericht gestellt wurde, das ihn wochenlang verhörte. Da er geständig war und die Mitglieder seiner Bande namhaft machte, waren bald die meisten seiner Kumpane verhaftet. Auch sein Vater, der mit seiner Familie damals in Kirschweiler wohnte, wurde festgenommen, weil er das verbrecherische Treiben seines Sohnes begünstigt, mit seinem Namen Erpressungsversuche unternommen und von ihm Diebesgut angenommen hatte.

Schließlich saßen 67 Mittäter mit ihm auf der Anklagebank. Über 400 Zeugen wurden vernommen. Dem Schinderhannes wurden nicht weniger als 53 schwere Straftaten nachgewiesen, darunter 15 Straßenüberfalle und 16 nächtliche Einbrüche. Er wurde am 19.11.1803 mit 19 Gefährten zum Tode verurteilt und am 21.11.1803 um 13 Uhr durch das Fallbeil in Mainz hingerichtet.

Der Schinderhannes hat seinen Geburtsort Miehlen, den er mit seinen Eltern als Kind verlassen hatte, nicht mehr wiedergesehen. Das Geburtsthaus des Schinderhannes in Miehlen wurde 1977 von Grund auf renoviert, wird mittlerweile als Gemeindebücherei genutzt, die sich regen Zuspruchs erfreut und wo man Bücher über das Leben des Räuberhauptmannes ausleihen kann.


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